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INDUSTRIEPREIS

Interviewreihe

20.05.2015 - Energie & Umwelt

Sortenreines Kunststoff-Recycling über Fluoreszenznachleuchten

Mit ihrer Methode des Kunststoff-Recyclings über Fluoreszenznachleuchten konnte das Department Chemie der LMU München den INDUSTRIEPREIS in der Kategorie Energie & Umwelt gewinnen. Dieses Verfahren ermöglicht die Identifikation von Kunststoffen, um sie sortenrein ordnen und einer Wiederverwendung zuführen zu können.

Ihr Produkt ist Sieger beim INDUSTRIEPREIS 2015. Können Sie uns Ihre Lösung in drei prägnanten Sätzen beschreiben?
Die Erfindung ermöglicht Kunststoffe nach einem einfachen, schnellen und sicheren optischen Verfahren zu identifizieren, indem nach Anblitzen durch Licht die individuelle schnelle Abklingzeit des Nachleuchtens wie ein Fingerabdruck verwendet wird. Darauf basierend können Kunststoffe sortiert und sortenrein einer Wiederverwendung zugeführt werden. Sortenreines Recycling-Material kann wieder zu hochwertigen Produkten verarbeitet werden.

Was ist aus Ihrer Sicht das Innovative an Ihrer Industrielösung?
Die Industrielösung ist einfach und effizient, wurde aber bisher nicht erfunden. Eine aktuelle Problematik wurde richtungsweisend gelöst. Innovativ ist auch die Verbindung von moderner Optoelektronik, Photophysik und Makromolekularer Chemie (Kunststoffe). Die Industrielösung kann universell eingesetzt werden, denn es können auch unmarkierte Altstoffe zu hochwertigen Produkten wiederverwendet werden.

Warum braucht ein Unternehmen eine Lösung wie Ihre und welche Vorteile bietet sie anderen Industrieunternehmen?
Die Lösung ist effizient und kann gewinnbringend eingesetzt werden. Vorteilhafterweise können profitable Verfahren mit Umweltschutz und Schonung der Ressourcen verbunden werden. Aus Problemstoffen werden Wertstoffe. Die Identifizierung von Kunststoffen nach dem Verfahren kann auch in anderen Bereichen, wie z.B. bei Materialkontrollen, vorteilhaft eingesetzt werden. Wegen des universellen Charakters und der Neuheit der Methode, sind hier kaum Grenzen gesetzt.

Wie lange dauerte die Entwicklung Ihrer innovativen Lösung und planen Sie weitere Optimierungsmaßnahmen?
Wir haben uns vor 40 Jahren in das für uns damals neue Arbeitsgebiet eingearbeitet und unseren Kenntnisstand durch umfangreiche Grundlagen-Forschungsarbeiten immer weiter erhöht. Erste Beobachtungen, die zu dem neuen Verfahren geführt haben, liegen etwa zwei Jahre zurück. Das Verfahren ist vor etwa einem Jahr bis zur praktischen Einsetzbarkeit entwickelt und dann patentiert worden. Seit der Zeit ist das Verfahren weiterentwickelt worden, insbesondere in Bezug auf breitere Anwendungen und erhöhte Präzision durch zweidimensionale Auswerteverfahren. Es kann in der Zwischenzeit noch universeller eingesetzt werden, so. z.B. zum Aussortieren von kontaminiertem Kunststoff. Wir planen weitere Optimierungsarbeiten, da wir glauben, dass wir erst am Anfang der Möglichkeiten unseres Verfahrens stehen, das komplett neu ist und Raum für weitere Entwicklungen eröffnet.

Welche fünf Keywords würden Sie mit Ihrer Lösung verbinden?
Recycling
Umweltschutz
optische Technologie
Material-Wertschöpfung
Licht

Wie wichtig ist für Sie die Teilnahme an Wettbewerben wie dem INDUSTRIEPREIS und was bedeutet ein solcher Preis für Ihr Unternehmen und Ihre Arbeit?
Zunächst bedeutet er eine Würdigung unserer Arbeit und eine erhebliche Motivation für die ganze Arbeitsgruppe. Der INDUSTRIEPREIS stellt ein wichtiges Instrument dar, um fachübergreifend Bekanntheit und Aufmerksamkeit zu erzielen und interdisziplinär über das eigene Fach hinaus Kontakte zu initiieren. Insofern ist die Bedeutung höher einzuschätzen als die fachspezifischer Preise. Der INDUSTRIEPREIS erhöht die Chance, eine Erfindung in die praktische Nutzung in Form eines Produkts umzusetzen und stellt damit eine erhebliche Förderung dar. Wir halten auch die Kombination eines Verlages als Träger mit dem Forum der HANNOVER MESSE für sehr gut gelungen.

Welche Rolle spielt das Thema „Industrie 4.0“ Ihrer Meinung nach für die Wettbewerbsfähigkeit deutschsprachiger Unternehmen?
„Industrie 4.0“ stellte einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar, insbesondere weil dadurch auch die Notwendigkeit von Grundlagenforschung und technologischen Innovationen stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt wird. Eine solche Initiative sollte aber erheblich breiter erfolgen, denn punktuelle Förderungen werden dem notwendigen Fortschritt nur bedingt gerecht. Häufig werden Innovationen auch von kleineren Einheiten getragen, die nach diesem Konzept wenig spektakulär sind und dadurch auch wenig Förderung erzielen. Verbesserungen sind auch etwa im Bereich der Chemie notwenig, die durch lange Entwicklungszeiten und dann aber erhebliche Nachhaltigkeit gekennzeichnet ist, und dadurch weniger in das Konzept einer sich schnell wandelnden Industrielandschaft passt; dies wird auch einer der Gründe sein, dass Deutschland als eine der führenden Chemie-Nationen dort sehr viel Boden an das Ausland verloren hat. Andrerseits hat ein integrierendes Konzept wie „Industrie 4.0“ bereits früh in der Chemie existiert, in der es viele Kontakte zwischen Hochschulen und Industrieunternehmen gegeben hat, und auch hier hat die moderne Technologie schon vor längerer Zeit Einzug gefunden, wie beispielsweise die Organisation der Fachliteratur.

Wie schafft es Ihr Unternehmen, dauerhaft innovativ zu bleiben? Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?
Wir haben uns über lange Zeit kontinuierlich mit chemischen und anderen naturwissenschaftlichen Grundlagen-Fragestellungen entsprechend des öffentlichen Auftrags der Universitäten befasst und die Ergebnisse in praktisch verwertbare Anwendungen gebracht. Fundamental war dabei das genaue Beobachten von wissenschaftlichen Experimenten und die Überprüfung auf Konformität mit etablierten Vorstellungen, denn diesbezügliche Diskrepanzen führten zu völlig unerwarteten Innovationen. Dies soll auch für die Zukunft gelten.


Weitere Informationen zur Lösung finden Sie unter
http://www.cup.uni-muenchen.de/...