Interviewreihe
07.06.2017 - Experten-Interview
Interview mit Jurymitglied Paula Landes, Gründerin Mocial Sedia, Parketing & MR
INNOVATIONSPREIS-IT 2017
1. Sie sind Mitglied in der Fachjury des INNOVATIONSPREIS-IT 2017. Was zeichnet Sie dafür besonders aus? Wo liegen Ihre Kernkompetenzen?
Mocial Sedia selbst ist ein innovatives Unternehmen, dass im Zeitalter von Co-Working und Crowdintelligence direkt am Puls der Zeit ist. Als Gründerin dieser 360°-Kommunikationsberatung mit Fokus auf Startups sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen erleben wir Innovation jeden Tag auf verschiedenen Ebenen. Dabei ist die Innovation bei mir schon lange Thema – ich bin Certified Innovation Manager und arbeite täglich mit Kreativpraktiken um neue Ideen zu entwickeln. Auch Startups haben oft neue und sehr spannende Ideen, radikale Innovationen – sie sind aber auch manchmal ihrer Zeit voraus und haben Schwierigkeiten ihre Idee so zu kommunizieren, dass für Außenstehende der Mehrwert deutlich wird. Bei mittelständischen Unternehmen ist Innovation und Kreativität oft eher auf inkrementeller Ebene gefordert. Bestehende Produkte müssen so an die aktuellen Anfordernisse umgestaltet werden, dass sie weiter wettbewerbsfähig bleiben. Auch hier kann es eine Herausforderung sein, den Neuigkeitswert zielgruppengerecht zu vermitteln.
2. Was bedeutet für Sie "Innovation"?
Der Erfolg von radikalen Innovationen wie dem iPhone oder die Veränderungen, die der Buchdruck für die ganze Welt brachte, sind große Beispiele – aber auch im Kleinen können eine offene, innovative Einstellung und Haltung Großes bewirken. Innovation ist heute leider oft ein Buzzword, ohne das heute kaum noch ein Produkt angepriesen wird – und damit verliert es an Bedeutung. Dabei ist die Innovation für mich – sei sie eine kleine Verbesserung oder ein radikaler Neuansatz etwas sehr wertvolles. Hier werden bestehende Denkmuster durchbrochen und Weichen für zukünftige Standards gesetzt. Spezifische Innovationsfelder, early Prototyping und das Verständnis, dass man aus Fehlern nur lernen kann sind Ansätze, die hier wichtig sind.
3. Welche Voraussetzungen sollte eine Lösung oder ein Unternehmen erfüllen, um dauerhaft innovativ zu bleiben?
Das Mindset und die unternehmerische Haltung für konsequente Innovationsoffenheit fangen ganz oben an – wenn das Management an alten Strukturen und Ordnungen festhält, wird sich nicht von unten ein innovatives Geschäftsmodell heraus bilden – kurz: Innovation ist auch Chefsache und braucht mutige Vorbilder. Dabei gehören Innovation, kreative Ansätze und Arbeitsweisen zusammen. Innovation ist eine gesamtunternehmerische Aufgabe zu der es auch gehört, ein Ambiente und eine Arbeitshaltung im Unternehmen zu leben, die Ideen entstehen lässt und Neuem offen gegenüber steht, egal ob es vom Chef angepriesen wird oder vom Azubi. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die entscheidenden Stellen früh genug den Reifegrad eines erfolgreichen Produkts erkennen, um rechtzeitig mit einer Innovation nachzulegen und sich nicht von der Konkurrenz überholen zu lassen. Um aus einer Idee eine erfolgreiche Innovation zu machen, bedarf es eines iterativen Prozesses, der idealerweise von einer unbeteiligten Person, einem Innovationsmanager von außerhalb moderiert wird. Eine offene Grundhaltung und die Erkenntnis, dass der Wandel die einzige Konstante des Daseins ist sowie ein strukturierter Innovationsprozess, der betriebswirtschaftlich sinnvoll betrieben wird, sind die Schlüssel zum Erfolg am Markt von heute und morgen.
4. Welche Rolle spielt das Thema "Innovation" Ihrer Meinung nach für den Mittelstand?
Der Mittelstand ist in Deutschland ein wichtiger Faktor für die gesamte Bevölkerung. Ideen, Konzepte und Produktionsweisen die anders und günstiger sind, können bei Traditionsunternehmen als Bedrohung wahrgenommen werden. Wenn man aber mit einer offenen Haltung auf Veränderungen zugeht, sie für sich annimmt und daraus wieder etwas neues schafft – sei es eine neue Form der Dienstleistung, des Outsourcings, einer Absatzstrategie oder eine Kooperation – dann kann man auch langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Mitarbeiter, die im Unternehmen Zeit und Raum für Entfaltung haben, sind aufmerksamer und können wertvolle Ideen liefern. Man muss aber auch nicht immer das Ei des Kolumbus selbst erfinden – wenn Sie mit Ohr und Auge am Puls der digitalen Zeit sind, können Sie auch als Early Adopter innovative Konzepte übernehmen und sich aneignen.
5. Was ist aus Ihrer Sicht der Trend, der in den nächsten Jahren den ITK-Bereich und mittelständische Unternehmen am meisten beeinflussen wird?
Aus meiner Sicht wird es in den kommenden Jahren turbulent zugehen – Datenspeicherkapazitäten und Rechenpower werden immer größer und schneller, Smartphones „können“ immer mehr. Gleichzeitig gibt es neue Wünsche nach Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung, social Startups nehmen große Probleme in Angriff und die Generations X,Y,Z und Co. haben eigene Ansprüche an Arbeitgeber. Hier muss man eine Balance finden zwischen radikalem Fortschritt etwa bei den Arbeitszeiten mit Platz für Freiraum und Privatleben aber auch bei der Arbeitsweise in agilen Teams. Menschen wollen sich mit ihrer Tätigkeit identifizieren und nicht nur viel Geld verdienen. Unternehmen, die Mitarbeiter aktiv Teil ihrer Entwicklungsprozesse werden lassen, die Verantwortung übertragen und offen für neue Ansätze sind, werden dabei im Vorteil sein. Mit einem motivierten Team und einer Einlassung auf digitale Möglichkeiten und Potentiale kann jeder die Innovation der Zukunft schaffen.